The Examined Life – Skulpturen von Sean Henry in Bad Homburg

Marburg 27.7.2016 – Die Stadt Bad Homburg und die Galerie Scheffel präsentieren vom 30. Juli bis zum 28. August in einer Doppelausstellung Werke des britischen Künstlers Sean Henry. Im Kulturzentrum Englische Kirche und in der gegenüberliegenden Galerie sind neben einer Auswahl seiner unverwechselbaren Arbeiten aus den vergangenen Jahren auch jüngste, teilweise nie ausgestellte Einzelskulpturen und Figurengruppen des Bildhauers zu sehen.
Sternbald-Fotografien der Eröffnung von  Hartwig Bambey

 

Ausstellung Sean HenryDie Eröffnung der Ausstellung findet im Beisein des Künstlers am Freitag, den 29. Juli – 19 Uhr, in der Englischen Kirche statt. Der Berliner Kunsthistoriker Dr. Peter Joch wird in das Werk Sean Henrys und in die Präsentation einführen. Sean Henry, der sich schon früh  international einen Namen gemacht hat, beschreibt das Anliegen seiner künstlerischen Arbeit als »Reflexion der Realität von Alltagsleben«.

Seine charakteristischen Plastiken sind menschliche Figuren in zeitgemäßer Kleidung, die – darauf verweisen die Werktitel – meist anonym, immer aber in Über- oder Unterlebensgröße dargestellt sind. Henry modelliert die Vorlagen für seine in Bronze oder Kunstharz gegossenen Figuren stets aus Ton und schließt mit der farbigen Bemalung seiner Werke an die Tradition der polychromen Skulptur an, die er in eine eigene plastische Bildsprache überführt.

Aus der Ferne wirken die stehenden, sitzenden oder liegenden Figuren Sean Henrys nahezu lebensecht. Erst bei näherer Betrachtung fällt nicht nur der Unterschied zur eigenen Körpergröße auf: Die bewegte Oberflächenstruktur, die Farbgestaltung sowie das Fehlen von Details wie Knöpfen oder Reißverschlüssen verweisen darauf, dass es Henry keineswegs um eine realistische Darstellung der menschlichen Gestalt geht: „Bei der Arbeit an meinen Skulpturen“, betont der Künstler, „interessiert mich vor allem das innere, geistige Leben meiner Modelle, nicht nur deren äußerliche Details […].“

Sean Henrys Figuren posieren nicht, sie zeigen keinen eindeutig lesbaren Gesichtsausdruck, keine grandiosen Gesten. Vielmehr wirken sie stets, als seien sie in einem Moment der Introspektion festgehalten, in dem jeder Betrachter eigene Erfahrungen und Empfindungen wiedererkennt. Diese Ambiguität des Ausdrucks verleiht den Werken Sean Henrys eine beeindruckende Präsenz, deren Intensität sich unmittelbar auf den Betrachter überträgt.

Der 1965 in Südengland geborene Sean Henry konnte bereits im Alter von 23 Jahren, unmittelbar nach Abschluss seines Keramik-Studiums am Bristol Polytechnic, seine erste Einzelausstellung in London ausrichten. Seitdem werden seine Werke regelmäßig in Europa, Australien und den USA gezeigt und zahlreiche Arbeiten gehören privaten Sammlungen oder Museumsbeständen an.

Heute ist der Brite insbesondere fur seine vielerorts im öffentlichen Raum installierten Werke bekannt. So schuf er beispielsweise mit der spektakulären Arbeit „Couple“ die erste dauerhaft installierte Offshore-Skulptur Großbritanniens: Seit 2007 blickt das riesige Figuren-„Paar“ 300 Meter vor der Küste von Newbiggin-by-the-Sea im Nordosten Englands aufs weite Meer hinaus. Besondere Beachtung fand zudem 2011 eine große Werkschau Sean Henrys in den Innen- und Außenbereichen der Kathedrale von Salisbury.

In Deutschland ist Sean Henry spätestens seit seiner „Blickachsen“-Teilnahme im Jahr 2013 bekannt. Die überlebensgroße „Walking Woman“, einer der Publikumsmagnete der Ausstellung, ist heute dauerhaft auf dem Bad Homburger Bahnhofsvorplatz platziert, während Henrys „Standing Man“ am Südbahnhof in Eschborn zu sehen ist. Im vergangenen Jahr waren verschiedene Werke Henrys bei „Blickachsen 10“ im Freilichtmuseum Hessenpark und auf der Saalburg zu sehen.

Nun stellt Sean Henry in Bad Homburg gemeinsam mit Werken aus den vergangenen 15 Jahren erstmals neueste Plastiken aus den Jahren 2015 und 2016 vor – darunter auch monochrome Figuren – und wählt mit dem Ausstellungstitel ‚Das geprüfte Leben‘ („The Examined Life“) einen Verweis auf die Maxime des griechischen Philosophen Sokrates, nach der nur ein geprüftes, ein
selbstreflexives, bewusstes Leben lebenswert sei.

In der Englischen Kirche hat Sean Henry Werke unterschiedlicher Formate zu einer Installation arrangiert, die die Erfahrung des ehemals sakralen Raums auch als Ort der Selbstbegegnung mit einbindet.

S.Henry dbas0729_0024Zentral ist im Chor des Kirchenbaus wie auf einer Bühne die überlebensgroße Figur eines allein in einem Doppelbett schlafenden Mannes zu sehen – flankiert von kleineren, jüngst entstandenen Einzelfiguren.

Ebenfalls Teil der Installation sind beispielsweise ein thematisch verwandtes Gemälde des Künstlers sowie die mehr als zweieinhalb Meter große „Woman (Being Looked At)“. In den Galerieräumen regen Einzelfiguren und mehrteilig inszenierte Figurengruppen kleineren Formats den Betrachter dazu an, sich mit der eigenen Erfahrungswelt auseinanderzusetzen.

Geöffnet ist die Ausstellung bei freiem Eintritt während der Woche dienstags bis freitags in der Englischen Kirche jeweils von 16 bis 19 Uhr und in der Galerie Scheffel von 14 bis 19 Uhr. Am Wochenende sind die Arbeiten in den Galerie-Räumen samstags von 11 bis 15 Uhr zu besichtigen, in der Englischen Kirche samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr.