ontheway von Knut Eckstein in Gießen – Wenn Künstler auf ursprünglich opulentere Pläne verzichtet

Knut Eckstein dbas0514_0001Marburg 15.5.2016 – Seit vergangenem Jahr ist die Kunsthalle Gießen verwaist. Ute Riese hat ihre Postion aufgegeben und die Stadt hinter sich gelassen. Seit März 2016 stellt Knut Eckstein, Jahrgang 1968, in Gießen aus, nachdem es ihn mit einer skulpturalen Installation in 2009 noch in der alten Kunsthalle zu sehen gab. Seine Ausstellung bildet den Abschluss einer mit ‚zwischenzeitlich‘ titulierten kleinen Sequenz von Ausstellungen, die von Marcel Baumgarten und Markus Lepper kuratiert wurden. Kurator Baumgarten gibt im Geleitwort von vorne herein einschränkend zu bedenken, „dass mit den traditionellen Kategorien der ‚Ausstellung‘ oder der ‚Installation‘ noch nicht einmal notdürftig zu fassen ist, was er uns in der Kunsthalle sowie an der Fassade und auf dem Dach des Rathauses zu sehen“ gebe.
Recht hat er. Leider, wobei das Wort >notdürftig< allzu treffend ist.

Die interessanteste Arbeit, eine Installation aus Bambusstangen mit Lichtschläuchen, namens ‚the flame‘ ist nicht einmal im großen Ausstellungssaal zu finden. Sie hängt weit oben an der Traufkante des Kulturrathauses oberhalb der Kunsthalle. Ob dies (bei Nacht) als „emporgehobene Flamme der New Yorker Freiheitsstatue“ wahrzunehmen oder zuzuordnen ist, einfach ein verbrämtes Fackellicht ist, oder ob es eben nur eine Installation sein soll, können nur Nachtschwärmer in Gießen wahrnehmen.

Kunstschwärmer und Kunstfreunde werden in Gießens Kunsttempel mit dem was Knut Eckstein ‚ontheway‘ tituliert und abgeliefert enttäuscht, mehr noch frustriert. Eine zusammenhanglos und willkürlich wirkende Installation von Autoreifen, bedruckten Papieren und zwei, drei Installationen aus Kartonagen und Plastikflaschen mögen irgendwie auf ‚arte povera‘ verweisen sollen oder wollen.

Mensch blickt ratlos rein in den riesigen Raum, dessen Boden mit einer über ausgelegten Kabeln vollflächig ausgelegten Kunststofffolie bedeckt ist. Ansonsten Nichts. Fast nur weiße Wände. Die nette ältere Aufsichtsfrau verweist auf Texterläuterungen an einer Wand. An die Stirnseite würde ein Video projiziert, sagt sie. Doch zu sehen, geschweige denn zu erkennen ist Nichts. Hoffnungslos von dem großen Wandfenster nach außen überstrahlt, soll dort etwas gezeigt werden (Video von New Yorker playground mit ballspielenden Jugendlichen). Das dünne Lichtbündel aus einem schwächlichen Projektor im Raum funktioniert womöglich nächtens – wenn die Kunsthalle geschlossen ist. Zu sehen geschweige denn zu erkennen ist Nichts.

Soviel Nichts – geht das, kann das sein? Mit dieser oder anderen Fragen beschäftigt sich der/die ratlose Besucher/in. Die Auskunftsfrau teilt beim Verlassen nach sieben Minuten mit, dass viele bereits lauthals protestiert hätten.

Nun darf Kunst provozieren, sollte es vielleicht viel öfter tun. Ebenfalls darf sie Fragen aufwerfen, bis hin zum Kunstverständnis von Betrachter/in. Zu entdecken dass Knut Eckstein mit seiner tristöden Installation den Sinneseindruck „eines monumentalen dreidimensionalen begehbaren Landschaftsgemäldes“ inszeniert habe, bleibt einem wohlwollend kommentieren müssenden Kurator vorbehalten.

Dessen Begleittext endet mit dem – wohl diplomatisch zwischenzeilig zu interpretierenden – Satz: „Hier und dort herumstehendes, nicht in Betrieb genommenes technisches Gerät – ein Gebläse, eine Nebelmaschine –, verweist auf ursprünglich opulentere Pläne, auf deren Realisierung Knut Eckstein zugunsten einer Konzentration und Verdichtung der künstlerischen Mittel verzichtet hat.“

Knut Eckstein mit ‚ontheway‘ in der Kunsthalle Gießen ist dürftig, zu wenig, Nichts. Damit wird der Künstler wohl kaum und sicherlich nicht sich selbst gerecht. Ausstellung geht anders, ‚arte povera‘ auch und die Kunsthalle Gießen braucht dringend Artpower und Person um wieder in regulären Betrieb gesetzt zu werden.

Das zu erkennen (oder zu vermitteln) kann gewisser Erkenntnisgewinn sein nach sieben Minuten zwischen ‚swamp’. So ist das Hauptwerk im Hauptraum bezeichnet. Und so lautet dessen Werkbeschreibung: „plastikfolien, teppich, textilien, verpackungsbänder, karton, autoreifen, neon, plakate, farbdosen, plastiktüte bemalt („die notdurft des künstlers“), technische geräte.“
Also mehr als Nichts, landet im …

Knut Eckstein ontheway
Kunsthalle Gießen
5.März – 29. Mai 2016
Di bis S0 10 – 17 Uhr